IVR 1, 2 oder 3?

«1, 2 oder 3 – ob ihr wirklich richtig steht, seht ihr wenn das Licht angeht.» Ganz so offen wie in der Quizshow für Kinder sollte man das in Sachen Erste-Hilfe-Ausbildungen nicht halten. Wenn nach einem Notfall «das Licht angeht», ist es hilfreich, wenn die Betriebssanitäter:innen tatsächlich richtig stehen und bestmöglich vorbereitet sind.

Beitrag vom 12.7.2022

Die Frage nach der passenden Ausbildungsstufe beschäftigt manche Betriebssanität. Was wirklich nötig ist, lässt sich nirgends genau nachlesen, sondern unterscheidet sich je nach Unternehmen. Auch die Frage, wie viele Betriebssanitäter:innen auf welchen Stufen ausgebildet sein sollten, bleibt weitgehend unbeantwortet. 

In der Seco-Wegleitung zur Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz-Artikel 36 (Erste Hilfe) steht, dass Ersthelfer:innen über eine «adäquate Ausbildung» in Erster Hilfe verfügen sollen, die regelmässig aufgefrischt wird. Sie sollen Erste-Hilfe-Massnahmen erkennen, beurteilen und priorisieren können. Sie sollen lebensrettende Basismassnahmen bei einem Herzstillstand durchführen, Bagatellverletzungen behandeln und eigene Grenzen erkennen sowie weitere Hilfe anfordern können. Ausserdem müsse die Ausbildung die Betriebsgefahren, die Grösse und örtliche Lage des Betriebs sowie den aktuellen Praxisstandard berücksichtigen.  

Unter «adäquate Ausbildung» versteht die Wegleitung eine Ausbildung, welche die Leitlinien zur Reanimation des ERC berücksichtigt sowie Erste-Hilfe-Kurse, die durch den IVR zertifiziert sind – oder ähnliche Kurse mit gleichen Leistungszielen. 

Die Schweizerische Vereinigung für Betriebssanität (SVBS) empfiehlt die IVR-Stufen 1 oder 2 für Betriebe mit geringen oder mittleren Gefahren und die Stufen 2 oder 3 für Betriebe mit höheren Gefahren. Ausserdem sollten alle Ersthelfer:innen zusätzlich rund um die spezifischen Gefahren im Betrieb ausgebildet werden, falls diese nicht in der Grundausbildung enthalten sind.  

Was wird in den einzelnen Stufen überhaupt gelehrt? 

Konkrete Vorgaben für Ihre eigenen Anforderungen haben Sie nun noch immer nicht erhalten. Vielleicht finden Sie sich in den Kursinhalten wieder. Die Kursinhalte für die Stufen 1, 2 und 3 werden in den entsprechenden Reglementen des Interverbands für Rettungswesen (IVR) definiert.  

Auf Stufe 1 geht es um die Themen Übersicht verschaffen, Alarmierung, Sicherheit, Schutz, Hygiene, Patientenbeurteilung, Stressbewältigung, Motivation zur Hilfeleistung sowie Rechte und Pflichten.  

Stufe 2 behandelt: Sicherstellung der Grundkenntnisse, Basiswissen Patientenbeurteilung und -beobachtung, traumatisch bedingte Körperschädigungen, akute Erkrankungen, Materialkenntnisse sowie Rechte, Pflichten, ethisches Verhalten und Umgang mit Partnern.  

Stufe 3 geht tiefer auf bisher bereits gelernte Themen ein und behandelt zusätzlich den Materialeinsatz, den Bereich Medikamente sowie die Organisation und Führung.  

Stufe 1 und 2 dauern je 14 Stunden, verteilt auf mindestens zwei Tage. Die Zertifikate sind zwei Jahre lang gültig und können mit sieben Stunden Weiterbildung erhalten werden. Der Kurs zur Stufe 3 umfasst mindestens 42 Stunden, verteilt auf mindestens sechs Tage. Auch dieses Zertifikat ist zwei Jahre lang gültig, zur Erhaltung ist eine Weiterbildung à 14 Stunden nötig. 

Das Patentrezept fehlt 

Tatsächlich gibt es kein Patentrezept, wie viele Betriebssanitäter:innen auf welcher Stufe ausgebildet sein sollten. Es gibt Unternehmen, die alle Mitarbeitenden auf Stufe 1 ausbilden, damit alle ein Basiswissen haben. Anderen Unternehmen ist selbst die IVR-Stufe 3 noch nicht genug und sie schicken Betriebssanitäter:innen in zusätzliche Kurse oder Praktika in Notfalldiensten. 

Zur Beurteilung für den eigenen Betrieb hilft es, mittels einem Erste-Hilfe-Konzept die Gefahren, die Betriebsgrösse und die örtliche Lage einzuschätzen. Wer sich über vergangene oder mögliche Notfälle Gedanken macht, findet sich durch die Kursinhalte der einzelnen Stufe vielleicht wieder. Und wer dann noch immer unsicher ist, ob er oder sie auf der richtigen Zahl steht, wenn das Licht angeht: der Schulungsanbieter selbst oder Organisationen wie die SVBS stehen für eine kürzere oder längere Analyse der Situation oder der Anforderungen bestimmt zur Verfügung. 


ACHTUNG: INT UMGEBUNG!