Kopfverletzung: Mit Köpfchen Erste-Hilfe leisten
Der Winter steht vor der Tür. Das heisst unter anderem: Glatteis und rutschige Gehwege oder Treppen. Wenn jemand ausrutscht und sich am Kopf verletzt, müssen Ersthelfer und Ersthelferinnen kühlen Kopf bewahren.

Ausgerutscht ist man schnell einmal. Wenn man sich dabei den Kopf stösst, muss das nicht dramatisch sein. Kann es aber. Und nicht immer ist das auf den ersten Blick ersichtlich.
Manche Patienten sagen rasch, es gehe schon und sei nicht so schlimm. Trotzdem: wenn die Patienten noch liegen, sollte man sie erst einmal liegen lassen und die Halswirbelsäule stabilisieren – so lange, bis klar ist, was eigentlich passierte. Wer nämlich aus Körperhöhe auf den Kopf fällt, kann sich durchaus die Halswirbelsäule verletzen. Im Winter und auf Glatteis ist es dann besonders wichtig, die liegenden Patienten vor Auskühlung zu schützen.

Tragweite der Verletzung erkennen
Äussere Verletzungen gilt es natürlich zu versorgen. Dazu später mehr. Aber ob äussere Verletzungen sichtbar sind oder nicht – auf jeden Fall gilt es nun gezielt zu fragen, was passierte.
Handelt es sich um ein Kind, sind solche Fragen oft schwieriger zu stellen. Sagen Eltern oder das Umfeld, dass das Kind nicht sofort schrie, sondern einen Moment lang still war und allenfalls sogar blau oder grau anlief, war es ziemlich sicher bewusstlos.
Nehmen wir aber an, es handelt sich bei unserem Patienten um einen erwachsenen Mann. Die wichtigste Frage an ihn: kann er sich noch an alles erinnern? Das betrifft die Erinnerung an den Unfallhergang, aber auch die Erinnerung an Namen, Ort, Geburtsdatum oder dem aktuellen Datum.
Berichten der Patient oder Zeugen, dass der Patient einen Moment lang bewusstlos war oder er sogar krampfte, können Ersthelfer:innen davon ausgehen, dass es sich nicht bloss um eine Schädelprellung handelt. Es liegt ein ernsteres Problem vor, mindestens eine Gehirnerschütterung. Damit ist auch klar, dass man den Patienten nicht alleine lassen kann und er zur Abklärung ins Krankenhaus muss.

Red Flags
Es gibt nämlich gewisse Anzeichen, die den Ersthelfern und Ersthelferinnen keine andere Wahl lassen, als den Patienten in die Notaufnahme zu bringen oder den Rettungsdienst zu rufen. Zu diesen Red Flags gehören: Amnesie (Gedächtnisverlust), Bewusstlosigkeit, Wiederholung von Fragen oder Aussagen, Kopfschmerzen, Doppelbilder, Übelkeit, Krämpfe, regelmässige Einnahme von blutverdünnenden Medikamenten, Beschwerden der Halswirbelsäule. Weht eine dieser roten Flaggen, und sei es noch so minim, sind unbedingt weitere Abklärungen angebracht.
Äussere Verletzungen
Falls zusätzlich äussere Verletzungen vorliegen, ändern sich die Fragen zur Abklärung von inneren Verletzungen und auch die Red Flags nicht. Es gilt dann aber weitere Erste Hilfe zu leisten. Zwar kann eine Blutung am Kopf schlimmer aussehen, als sie tatsächlich ist. Der menschliche Kopf ist nämlich sehr gut durchblutet.
Dennoch: handelt es sich um eine arterielle Blutung, kann der Blutverlust zu einem Problem werden. Ersthelfer:innen müssen also versuchen, die Blutung zu stillen, mit einer Druckauflage oder einem Kompressionsverband. Und auch eine solche Blutung muss letztlich von Profis versorgt werden, in Verbindung mit Red Flags so rasch wie möglich in der Notaufnahme.
Alles gut – tatsächlich?
Keine Red Flags, keine äusseren Verletzungen – ist also alles gut und kann der Patient einfach alleine gelassen werden?
Ja, aber: Auf jeden Fall müssen Ersthelfer:innen den Patienten darauf hinweisen, dass er sofort zum Arzt geht, wenn sich sein Zustand später verschlechtern sollte. Und selbst wenn keine roten Flaggen wehen, kann sich eine vertiefte Abklärung generell lohnen. Es gibt nämlich ein Phänomen, das sich symptomfreier Intervall nennt: jemand fällt auf den Kopf, ist kurz benommen, dann ist aber alles wieder gut – bis der Patient eine halbe Stunde später plötzlich tot ist, weil er eine Hirnblutung erlitt.
Auch ist die Frage berechtigt, weshalb es überhaupt zum Sturz kam. War tatsächlich das Glatteis schuld, oder war allenfalls eine Herzrhythmusstörung die Ursache? Vielleicht lohnen sich weitere internistische Abklärungen.